Gedächtnis: Mit Eselsbrücke und Kartei
Ein gutes Gedächtnis ist kein Zufall. Wer seine grauen Zellen auf Vordermann bringen will, muss wissen, welcher Lerntyp er ist. Nur so lässt sich die Merkfähigkeit erfolgreich steigern. Mit ein paar einfachen Tricks wird Lernen auch für Erwachsene wieder zum Kinderspiel.
Auf die Frage ihrer erzürnten Mama, was sie denn im Kopf habe, antwortet die fünfjährige Lisa: "Da ist das Gehirn und das Gedächtnis drin. Das sind die Dinger, mit denen ich vergesse." Damit hat die Kleine eines der ärgerlichsten Merkmale des menschlichen Gehirns beschrieben. Allerdings tut sie unserem Denkapparat unrecht: Denn an die riesige Speicherkapazität des Gehirns kommt kein Computer der Welt auch nur annähernd heran. Nicht nur Augen, Ohren und Nase, sondern der ganze Körper nimmt Tag und Nacht Sinneseindrücke auf und verschickt sie in Sekundenbruchteilen an das Großhirn.
Dort stehen dem Menschen schon mit Beginn des Säuglingsalters 15 Milliarden Nervenzellen zur Bearbeitung und 500.000 Kilometer Nervenfasern zum schnellen Transport der wahrgenommenen Informationen bereit. Ohne Botenstoffe, die so genannten Neurotransmitter, geht hier nichts. Wie die "Chemie" unseres Gehirns in ihrer Komplexität funktioniert, konnte allerdings noch nicht endgültig beantwortet werden. Kein Wunder, denn dort geht es so geschäftig zu wie in einer Großmarkthalle, wenn ein paar Tonnen Tomaten eintreffen. Ohne Pause werden in den Zellkörpern neu ankommende Informationspakete sortiert, weitergeleitet, abgelegt und weggeworfen.
Im Mikrokosmos Gehirn herrscht stets reges Treiben. Dort spielt sich vom Denken und Erkennen über das Erinnern und das Erlernen bis hin zum Vergessen alles ab. Jeder Mensch ist von der Natur mit einem ausgeklügelten System der Informationsverarbeitung
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ausgestattet. Allerdings funktioniert dieses nicht immer reibungslos, wie wir es uns wünschen. Allzu oft lässt es uns in alltäglichen Situationen im Stich. Ganz zu schweigen von den peinlichen Aussetzern während einer wichtigen Unterredung mit dem Chef oder von den Blackouts bei entscheidenden Prüfungen.
Angst, Stress und Nebengeräusche sind nur einige Störenfriede, die häufig einer effizienten Gedächtnisleistung im Wege stehen. Dabei könnten bessere Kenntnisse über die Arbeitsweise des Gehirns sowie die eigene seelische Verfassung, aber auch über geeignete Lernmethoden das Lernen wesentlich erleichtern.
Der Traum vom lückenlosen Gedächtnis ist unrealistisch. Denn Lern- und Gedächtnisprozesse lassen sich steuern. Um eine neue Information zeitstabil zu verankern, gilt es, ihr entscheidende Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Sinneseindrücken zu verschaffen. Doch das allein genügt noch nicht, um der Vergesslichkeit die Stirn zu bieten.
Ein schlechtes Gedächtnis, das steht fest, können sich die wenigsten leisten - weder in der Arbeit noch im Haushalt. Gehirnjogging ist daher groß im Kommen. Längst ist bekannt, dass uns unser Gedächtnis nicht in die Wiege gelegt wurde. Konzentration und Lernfähigkeit können bis ins hohe Alter erfolgreich trainiert werden. Dafür werden die unterschiedlichsten Techniken angepriesen. Die Loci-Methode gehört zu einem der ältesten Mittel, einmal erworbenes Wissen leichter abrufen zu können. Sie macht sich zunutze, dass das menschliche Gehirn am besten mit Bildern arbeitet. Daher werden bei der Loci-Methode bekannte Orte, wie zum Beispiel der Weg zur Arbeit benutzt, um neue Informationen mit Hilfe vertrauter, immer wiederkehrender Bilder zu erlernen.
Ein weiteres probates Mittel, das sich der gleichen Mechanismen des Gehirns bedient, ist die Eselsbrücke. Wer erinnert sich nicht an den Merksatz "333 bei Issos Keilerei". ...
aus: natur, Natur-Verlag, 4/1997, Seite 62ff
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