ComputerPartner-Test: Auch ohne Lottogewinn: Rasch zum Aktienmillionär durch Börsensoftware?
Der Weg zum Millionär ist meist ebenso steinig wie langwierig. Außer man gewinnt im Lotto, tritt das Erbe eines reichen Onkels an oder überfällt eine Bank. Doch diese Möglichkeiten scheiden meistens aus. Deshalb fragte sich ComputerPartner, ob vielleicht die Börsensoftware "Investox XL Version 1.0" eine Lösung sei, um sich möglichst schnell, einfach und risikolos den Traum vom Millionärsleben zu erfüllen.
Kriminalistischer Spürsinn, Phantasie, semantisches oder börsenspezifisches Know-how - mindestens eine dieser Fähigkeiten sollte der potenzielle Anwender besitzen, wenn er wissbegierig heraus zufinden versucht, was sich in der ausreichend stabilen Pappschachtel mit der Aufschrift "Investox" befindet. Selbst nach heftigstem Drehen und Wenden sind auf der weiß-grünen Umverpackung nur Herstellername, dessen Adresse und die Systemvoraussetzungen der Software zu finden. Eine mögliche Erklärung für dieses Versteckspiel: Vielleicht geht der Münchner Hersteller Knöpfel davon aus, dass engagierte Privatanwender oder Börsenprofis schon lange vor dem Kauf wissen, was sie für knapp 1.500 Mark bekommen.
Für alle anderen ist der Inhalt des Kartons aufschlussreicher: CD_Rom, Lizenzdiskette, Handbuch und eine Faltbroschüre, die kurz die wichtigsten Funktionen der Software beschreibt. Einen Pluspunkt verdient sich das Gesamtpakt dadurch, dass sich alle Komponenten sehr schlicht, aber in einheitlichem Layout präsentieren.
Die Systemvoraussetzungen dürften wohl die meisten Rechner erfüllen: Windows 9x oder NT, mindestens ein 133-MHz-Prozessor, ein Arbeitsspeicher von 32 MB sowie 30 MB freier Festplattenspeicher.
Lockruf des Geldes
Die Installation von Investox verläuft nach einem Doppelklick auf die Setup-Datei absolut reibungslos - auch wenn währenddessen das System dem Anwender die fast schon archaische Aufforderung erteilt, er solle doch bitte die Lizenzdiskette einlegen.
Die Oberflächenmaske von Investox scheint auf den ersten Blick leicht verständlich zu sein. Jedoch werden ab jetzt Börsenprofis mit geringem Software-Know-how oder Software-Spezialisten mit wenig Börsenwissen ohne das Handbuch nicht auskommen. Und genau hier schlägt die große Stunde des 381-seitigen Kompendiums: Es ist sehr gut strukturiert, leicht verständlich und ermöglicht einen schnellen Überblick. Tutorien zum Einüben der wichtigsten Programmfunktionen runden den positivern Eindruck ab.
Allerdings bleibt ein kleiner Wermutstropfen, der aus dem allzu natürlichen Verhalten der meisten Anwender resultiert: Sie können es einfach nicht erwarten
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und wollen die aktuellsten Börsendaten sofort. Zwar hat Investox zu allen gängigen Börsendatenbanken wie Tai-Pan, Winchart oder Metastock, aber für diese benötigt der User ein entsprechendes Abo. Je nach Datenmenge werden beispielsweise für End-of-Day-Daten bei der Friedrichsdorfer Lenz + Partner AG mindestens 9,90 Mark oder für Echtzeitsysteme bei Reuters rund 2.000 Mark im Monat fällig. Die Alternative heißt Videotext. Dazu sind aber die RTT-Version von Investox sowie eine spezielle Karte notwendig.
Das zweite und kleinere Problem ist die Konfiguration der Schnittstellen, um Investox mit Daten füttern zu können. Die dazu notwendigen Arbeitsschritte sind im Handbuch ein wenig versteckt untergebracht. Ein Button auf der Menüleiste der Arbeitsoberfläche, der die erforderliche Schnittstelle automatisch erkennt, wäre wünschenswert.
Das Börsenparkett
Der Volksmund spricht vom "glatten Börsenparkett". Nicht zu Unrecht. Selbst Investox ist kein - will es auch gar nicht sein - Garant für 100-prozentige Standfestigkeit auf dem glatten Börsenparkett. Die Software kann dem Anwender allenfalls Entscheidungshilfen bieten, aber sie kann ihm nicht die definitive Kauf- oder Verkaufsentscheidung abnehmen. Angesichts der vielen Analysefunktionen wird zumindest die Zielgruppe der engagierten Privatanleger überrascht und noch verwirrter sein. Selbst ausgesprochene Finanz- und Börsenspezialisten, die ComputerPartner zu Rate zog, waren einige Features nicht geläufig. Privatanleger sollten sich also viel Zeit und noch mehr Engagement mitbringen, um den Nutzwert der Software wirklich ausschöpfen zu können. Die Software gliedert sich im Wesentlichen in die fünf Features Handelssysteme, Charts, Indikatoren, Daten und Neuronale Netze.
Die aktuellen sowie historischen Daten von Aktien & Co lassen sich recht einfach zu einem Portfolio zusammenstellen. Ebenso einfach gestaltet sich die individuelle Auswahl der über 100 Indikatoren und vorgefertigten Einflussfaktoren von Investox, die sich beliebig verknüpfen und mit deren Hilfe sich kurz-, mittel- oder langfristige Strategien verfolgen lassen.
Wirklich individuelle Beratung
Die Berechnung der gewünschten Signale erfolgt durch "Generische Algorithmen", die den Rechenprozess wesentlich beschleunigen. Darüber hinaus können alle Parameter individuell konfiguriert werden. Highlight der XL-Version ist die Möglichkeit, sich ein so genanntes "Neuronales Netz" zu erstellen, das in seiner Funktionsweise dem eines menschlichen Gehirns ähnelt. Dies bedeutet, dass es Zusammenhänge erkennen und sich durch Lernvorgänge selbst organisieren kann.
Mit gängigen Parametern lässt sich der Händler- und Endkundenservice des Herstellers Knöpfel nicht vergleichen, ach wenn das Unternehmen ...
aus: ComputerPartner, IDG, Ausgabe 36/1999, Seite 65
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